Radarerkennung: DFS Threshold nach ETSI 1.5.1

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CaptainProton
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Radarerkennung: DFS Threshold nach ETSI 1.5.1

Beitrag von CaptainProton »

Hallo,

ich weiss zwar nicht so ganz, ob ich das hier an der richtigen Stelle schreibe, aber man möge es mir nachsehen.

Ich hab mich in der letzten Zeit mal rein interessehalber etwas mit Radarerkennung und ETSI EN 301 893 V1.5.1 beschäftigt. Ich hatte gelegentlich mal "Radarfunde" und hab mich gefragt, ob das nun wirklich Radare waren oder sonstiges Rauschen, was nicht als solches erkannt wurde.


Im konkreten geht es mir hier um Folgendes: obige Verordnung bestimmt den dB Schwellenwert für die Radarmustererkennung nicht als feste Zahl sondern als Ergebnis einer Formel:

This is the level at the input of the receiver of a RLAN device with
a maximum EIRP density of 10 dBm/MHz and assuming a 0 dBi
receive antenna. For devices employing different EIRP spectral
density and/or a different receive antenna gain G (dBi) the DFS
threshold level at the receiver input follows the following
relationship:
DFS Detection Threshold (dBm) = -62 + 10 - EIRP Spectral
Density (dBm/MHz) + G (dBi), however the DFS threshold level
shall not be lower than -64 dBm assuming a 0 dBi receive
antenna gain.


1. Frage:

kann mir jemand sagen, was das im Falle einer
- 15 dBi Antenne
- 10 dB Transmitpower
- und 20 Mhz Kanalbreite

ergeben würde?

Ich komme da auf
-62 +10 - (25 dBi/20 Mhz) +15 dBi = -38,25 dBm

Was ja nicht wirklich sinnvoll wäre. (mal abgesehen von dem minimalwert von -64 dbm)

2. Frage:

Welche regulatorische Wirkrichtung soll diese Formel denn entfalten?
Wen würde diese Formel denn negativ treffen?

3. Frage:

Wie handhabt Lancom dies?


Na da binn ich mal gespannt, ob dazu einer was weiss :P
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alf29
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Beitrag von alf29 »

Moin,
Ich komme da auf
-62 +10 - (25 dBi/20 Mhz) +15 dBi = -38,25 dBm

Was ja nicht wirklich sinnvoll wäre. (mal abgesehen von dem minimalwert von -64 dbm)
Das ist im Prinzip schon sinnvoll, denn es erlaubt einem ja, bei einer Antenne mit hohem Gewinn
den Schwellwert entsprechend höher und damit die Erkennung entsprechend *unempfindlicher*
zu stellen - die Antenne verstärkt ja nicht nur Nutzsignale, sondern auch Radarpulse auf der
gleichen Frequenz, so daß die Erkennungsschwelle bezogen auf die 'Signalstärke in der Luft'
wieder gleich ist.

Zumindest bei LANCOM wird das aber nicht ausgenutzt, aus mehreren Gründen:

(1) die Atheros-Chips sehen keine derartige Einstellmöglichkeit in der Hardware vor, bzw die
Schwellwerte, die man da einstellen könnte, sind unkalibriert - ich kann also nicht einfach
den Antennengewinn von einem Registerwert abziehen, sondern ich müßte für jede
Antenne ausprobieren, um wieviel ich den Wert verändern darf, damit ich gerade noch so
durch die Zulassung komme.
(2) Radarpulse sind häufig so kurz (< 1 µs), daß die WLAN-Hardware ihre Signalstärke
überhaupt nicht ermitteln kann.
(3) Das 'Problem' sind ja üblicherweise gar nicht echte Radarpulse, sondern auf der Funkstrecke
irgendwie kaputtgegangene Datenpakete, und die sind auf einer sinnvoll eingerichteten
Strecke immer über dem Schwellwert, egal wie man's dreht...

Gruß Alfred
“There is no death, there is just a change of our cosmic address."
-- Edgar Froese, 1944 - 2015
CaptainProton
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Beitrag von CaptainProton »

danke alfred!

...seltsame Regelung.
Mir erschließt sich nicht so ganz, wieso man eine solche Regelung in
diesen Standard einführt. Klingt nach einem Schreibtischtiger!

mal zum Verständniss für mich: es ist doch vermutlich so, dass die
Fehlerkennungsrate von Radaren mit obigem Schwellenwert negativ korreliert ist. Konntet Ihr das mal bei Tests beobachten?

Wenn nun in Geräten nur ein fixer Schwellenwert einstellbar ist, was ist dann eine vernünftige Größe?
irgendwas zwischen -80 dBm und -64 dBm ?

Ich hatte mal eine Lancomstrecke testweise auf BFWA gestellt und dort alle Nase lang Radare gemeldet bekommen, bis alle Kanäle zu waren. Sonst hatte ich Radare nur gelegentlich. Ich frage mich dann immer, ob das überhaupt Radare sind...
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alf29
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Beitrag von alf29 »

Moin,
...seltsame Regelung.
Mir erschließt sich nicht so ganz, wieso man eine solche Regelung in
diesen Standard einführt. Klingt nach einem Schreibtischtiger!
Das Problem ist, daß jeder diese Norm leicht anders auslegt, und das schließt auch die
nationalen Behörden mit ein. Zum Beispiel das Ausschließen von Kanälen über eine
Kanalliste: Die BNetzA sagt nein, die OfCom sagt ja...
mal zum Verständniss für mich: es ist doch vermutlich so, dass die
Fehlerkennungsrate von Radaren mit obigem Schwellenwert negativ korreliert ist. Konntet Ihr das mal bei Tests beobachten?
Was meinst Du jetzt mit 'negativ korreliert'?
Wenn nun in Geräten nur ein fixer Schwellenwert einstellbar ist, was ist dann eine vernünftige Größe?
irgendwas zwischen -80 dBm und -64 dBm ?
Das kann ich Dir letzten Endes nicht sagen. Es gibt in der Hardware eine Reihe von
Schwellwerten, die irgendetwas mit der Signalstärke der einzelnen Pulse zu tun haben, da
bekommt man Vorgaben, wie die einzustellen sind und das war's. Mit denen sind wir in die
Zulassung gegangen und daran haben wir nicht gedreht.
Ich hatte mal eine Lancomstrecke testweise auf BFWA gestellt und dort alle Nase lang Radare gemeldet bekommen, bis alle Kanäle zu waren. Sonst hatte ich Radare nur gelegentlich. Ich frage mich dann immer, ob das überhaupt Radare sind...
Das ist bei der ganzen Radar-Thematik immer das Problem. Die Hardware meldet mehr
oder weniger alles, was sie nicht als OFDM-Signal verstehen kann, als Radarpuls nach oben.
Anhand der Pulslänge kann man unsinnige Meldungen zu einen gewissen Grade in der
Software ausfiltern, aber danach greift eben die Mustererkennung, und wenn hinreichend
viele solcher fehlerkannten Pulse in einem zeitlichen Raster hereinkommen, daß zu einem
der Muster im ETSI-Standard paßt, dann muß man das eben als Radar betrachten . Das
führt zum Beispiel dazu, daß seit der 1.5 der 301 893 das Risiko von Fehlerkennungen
ansteigt, weil man nicht mehr nur Radarmuster mit bestimmten, festen Pulsraten erkennen
muß, sondern Pulsfolgen mit einer beliebigen Pulsrate in einem bestimmten Bereich, und
dazu auch noch solche, deren Pulsrate zwischen zwei oder drei Werten hin- und herspriingt.

Wegen BFWA: Die EN 302 502, die für dieses Band gültig ist, verlangt zusätzlich das
Erkennen von Radaren, die während des Aussendens der Pulsfolge über die Kanäle
springen(channel hopping Radare). Das bedeutet zum einen, daß man von einem
Radar-Burst als auf einem festen Kanal arbeitender AP nur einen Bruchteil der Pulse
sieht und die Erkennung entsprechend empfindlicher einstellen muß. Andererseits heißt
das auch, daß wenn Du in der Realität so ein Radar hast, dann nagelt es Dir auch alle
Kanäle zu - Pech gehabt, die sind nun einmal Primärnutzer in dem Band...

Gruß Alfred
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