LANCOM Router - Quo vadis?

Allgemeine Fragen zu Themen die sonst nirgendwo passen

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fildercom
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LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von fildercom »

Hallo zusammen,

die letzten Monate war ich dem Forum weitgehend abstinent, da ich mich um so viele andere Dinge in meinem Leben kümmern musste. Das bedeutet aber nicht, dass ich mir keine Gedanken über LANCOM-Dinge gemacht habe.

Die letzten Tage habe ich wie in einem anderen Thema bereits geschrieben endlich meinen letzten verbliebenen 1781VA durch einen 1930EF ersetzen können. Nicht nur das, ich habe meine Infrastruktur damit jetzt endlich auf die von mir angestrebte Ziel-Architektur umgebaut.

Ich habe jetzt also alle WAN-Anbindungen mit Routern der 1900er-Serie ausgestattet. Endlich keine Plastikrouter mehr, endlich alles in 19 Zoll-Racks eingebaut, endlich keine eingebauten Modems mehr, die bei jedem Reboot des Routers die KI der Telekom ("ASSIA ®") verärgern könnten. Endlich habe ich diese Umbaumaßnahmen abgeschlossen. Nach 20 Jahren ist damit die Ära der CPE-Router bei mir endgültig zu Ende gegangen!

Für die nächsten Jahre werde ich mich jetzt vermutlich erst einmal entspannt zurücklehnen können. Sollte hier im Ort doch noch Glasfaser kommen, so bin ich mit meinen 1900ern dafür gerüstet.

Trotzdem mache ich mir so meine Gedanken, wie es mit den LANCOM-Routern bzw. dem LCOS weitergehen wird. Mir ist völlig klar, dass es im Moment nur reine Spekulationen sind, aber ich denke, dass sich in diesem Marktsegment sicher auch Änderungen ergeben werden (wie es bereits bei den Access-Points geschehen ist).

Ein paar Gedanken dazu:
  • Es ist die Frage, ob die Router noch langfristig mit dem klassischen LCOS weiterentwickelt werden oder ob es mittelfristig ein linux-basiertes Betriebssystem auch für die Router geben wird (analog dem LCOS LX für die Access Points). Einerseits ist das LCOS zwar mit jede Menge Funktionen ausgestattet und es kommen mit jedem neuen Release noch Funktionen hinzu. Andererseits dürfte es einfacher sein, viele Features in ein Betriebssystem zu implementieren, das einen Linux-Kernel besitzt, weil hier bestimmt vieles aus der Open Source-Welt "abgegriffen" werden könnte.
  • Vor einiger Zeit haben mal einige Leute sehr frei spekuliert, ob die Firewalls, die ja auf einem Linux laufen, mittelfristig sogar die Router ablösen könnten. Ich sehe das momentan (noch) kritisch, weil grundlegende Dinge fehlen, wie z.B. der Voice Call Manager oder die Möglichkeit auf interne Modems zu setzen (wobei die Nachfrage hierfür mit steigendem Glasfaserausbau sicher zurückgehen wird).
  • Zugegeben, die beiden ersten Punkte sind wohl eher nicht ganz realistisch. Aber der noch relativ neue 2100EF zeigt uns vermutlich, wohin die Reise gehen wird. Das LCOS wurde ja für die beiden großen ISGs und den vRouter auf x86 portiert. Und der 2100EF ist wohl auch ein x86-Router, nur eben günstiger. Der 2100EF und die beiden großen ISGs sind allesamt zugekaufte Hardware, auf denen LCOS läuft. Man könnte vermuten, dass der 2100EF eine Art "Testballon" für x86-Router oberhalb der CPE-Plattform und unterhalb der ISG-Plattform ist.
  • Vor ein paar Jahren wurde im LANupdate immer wieder nach modularen Routern gefragt. Die damalige Aussage war, dass es von der Zulassung her zu kompliziert wäre. Doch die großen ISG bieten genau die Möglichkeit, allerdings werden die Module aktuell dafür nicht verkauft, sondern nur für die baugleichen Firewalls. Ich vermute, dass es aktuell noch nicht möglich ist, die Bausteine mit dem klassischen LCOS anzusteuern (hingegen unter Linux ist es bestimmt einfacher).
  • Die spannende Frage ist daher: Wird die Zukunft der LANCOM Router ein LCOS auf zugekaufter x86-Hardware sein, im besten Fall modular? Oder geht die Reise ganz wo anders hin?
Das waren jetzt mal meine Gedanken, aber vielleicht gibt es hier ja einen Austausch anderer Forenmitglieder zu diesem Thema.

Viele Grüße
fildercom
Router: 2 x 1900EF (Vodafone Business 600/20; Telekom ADSL2+); 1930EF (Telekom VDSL 250/40);
Wireless: WLC-4006+; 4 x L-452agn;
Switches: 4 x aruba 6100 12G; 2 x Cisco 3560-CX; 2 x Extreme X440G2-12p-10GE4; 2 x Juniper EX2300-C-12P; 3 x Zyxel XS1930-12F
backslash
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Re: LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von backslash »

Hi fildercom
Andererseits dürfte es einfacher sein, viele Features in ein Betriebssystem zu implementieren, das einen Linux-Kernel besitzt, weil hier bestimmt vieles aus der Open Source-Welt "abgegriffen" werden könnte.
daß das Gegenteil der Fall ist, zeigen die LX-Accesspoints, die bis heute nicht auf dem Featurestand des LCOS angekommen sind.
Das mit dem Abgreifen aus der Open-Source ist so eine BWLer-Idee, die in der Realität nicht wirklich funktioniert...
gleiches gilt m.E. auch für den aktuellen KI-Hype - nicht viel mehr als heiße Luft

Gruß
Backslash
sixty
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Re: LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von sixty »

LANCOM-Router sind für mich untrennbar mit Analog- ISDN- und DSL-Einwahl verbunden.
Da hatten sie ihre Stärken,waren technisch fortschrittlich und für den professionellen Einsatz angemessen.

Diese Technologie ist weitgehend "durch" und wird bei uns nicht mehr neu angeschafft.
Aktuelle Anschlüsse (erst mal egal ob Access oder Standleitung) verwenden Technologien, mit denen LANCOM nie mithalten konnte.

Das Thema der immer einen Tick zu schwachen CPUs, die das Routing begrenzen ist nur eines der Probleme.
Auch in Grenzbereichen zu anderen Technologien (Mobilfunk, Telefonie, WLAN, VPN, Firewall...) hat man kein wirklich zukunftstaugliches Gerät.

Oft genug besteht es aus zugekauften und nur mehr oder weniger schlecht integrierten Komponenten.
Die entstehenden Lösungen sind allenfalls in einem all-in-one-Gerät für den SOHO-Markt tauglich, mehr aber nicht.

Beispiel WLAN: Dort haben wir seit über 20 Jahren auf den Marktführer (Cisco) gesetzt und es nie bereut.
Gleiches gilt in den anderen angesprochenen Bereichen. Für uns ist LANCOM "Bestand" und bald Geschichte.
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fildercom
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Re: LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von fildercom »

@backslash:
Danke für deine Erklärung. Ich dachte, dass der fehlende Funktionsumfang der LX-APs daran liegt, dass man mit der Entwicklung ja erst viel später gestartet ist.

@sixty:
Danke für dein Feedback. Schade, dass LANCOM-Router bei dir Legacy-Technik sind. Ich sehe das momentan grundlegend anders. Das langsame Ende der Einwahlzugänge und damit der internen Modems sehe ich als Chance, die man nutzen sollte. Besonders die eingebauten xDSL-Modems habe ich in keiner guten Erinnerung. Ganz früher waren die Chipsätze Mist (Conexant war teilweise grauenhaft) und bis zur 190xVA-Generation waren die internen Modems nur mit 100 Mbit/s angebunden, was bei Vectoring-Anschlüssen über BNG bei starker Leitungsauslastung zu Abbrüchen geführt hat.

Deshalb bin ich froh, dass das Thema bald durch ist. Ich sehe es wie gesagt als Chance, wenn man künftig nur noch Router mit Ethernet-Schnittstellen als WAN-Interfaces anbietet. Und die von mir gewünschte Modularität in Verbindung mit x86-Hardware wäre sicher genau der richtige Weg, um in höherwertige Marksegmente aufsteigen zu können, die bisher überwiegend zwei große Hersteller aus den USA bedienen.

Ich sehe bei mir noch lange kein Ende der LANCOM-Router, ganz im Gegenteil. An den Stellen, wo ich vereinzelt bintec elmeg eingesetzt habe, muss ich mittelfristig aufgrund deren Insolvenz und dem damit verbundenen Ende von Updates auf LANCOM-Router wechseln.

Dafür gibt es einen anderen Bereich, an dem ich letztes Jahr den Hersteller gewechselt habe: Im Sommer 2024 sind die letzten LANCOM-Switches bei mir rausgeflogen. Allen Beteuerungen zum Trotz können die Switches nicht mit den großen namhaften Herstellern mithalten, weder in Sachen Hardware-Qualität noch in Punkto Software. Ich hatte 15 Jahre lang LANCOM-Switches im Einsatz (zuerst GS-1224, dann GS-23xx), aber die Geräte haben mich nicht überzeugen können. Da ist man nach wie vor meilenweit vom Marktführer (Cisco) entfernt. Andere Hersteller wie Juniper, Aruba oder Extreme sind da viel näher dran. Und gerade Aruba ist mit den neuen Switches sehr nahe am CLI von Cisco dran, was das Management extrem vereinfacht (die AOS-CX Switches sind wirklich eine feine Sache).

Im Bereich WLAN habe ich vor über 20 Jahren mit den Siemens I-Gate angefangen, welche baugleich mit den damaligen ELSA/LANCOM (I)L-11 waren und damit LCOS-basiert. Aktuell setze ich noch L-452 ein, benötige aber aufgrund EoL bald Ersatz. Hier wird es spannend, da zwangsweise ein Systemwechsel ansteht (aufgrund des Endes des LCOS-APs). Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich mein Glück mit LX-APs versuchen und hoffe, dass ich nicht enttäuscht werde.
Router: 2 x 1900EF (Vodafone Business 600/20; Telekom ADSL2+); 1930EF (Telekom VDSL 250/40);
Wireless: WLC-4006+; 4 x L-452agn;
Switches: 4 x aruba 6100 12G; 2 x Cisco 3560-CX; 2 x Extreme X440G2-12p-10GE4; 2 x Juniper EX2300-C-12P; 3 x Zyxel XS1930-12F
sixty
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Re: LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von sixty »

Sorry, falls ein paar Sachen zu negativ 'rüberkamen, aber das, was Du bei den Switchen beschreibst ist genau das was ich meine.

Die LANCOM-Switche habe ich mir nie aus der Nähe angesehen. Das lief unter der Rubrik "Ach, die wollen da auch mitmischen, haben ein paar Taiwan-Modelle an Land gezogen und kleben da jetzt ihr Logo 'drauf". Ist aber nicht ihr Kerngeschäft.

Seit 30 Jahren setze ich vorwiegend HP ein. Früher die Modelle der Roswell Network Division (Procurve), seit der Übernahme 3com/H3C (Comware) und inzwischen FlexFabric. Die haben ein paar Eigenschaften, die richtig gut sind, etwa das Routing in spezieller Hardware (ASIC) mit einer CAM, welche schon nach dem Empfang des Headers cut-through die Routing-Entscheidung trifft und auch 10, 40 oder 100 GB in wirespeed routet. Mit aktuellen ASICs (ProVision) auch bei IPv6 und IPv4 sowieso.

Bei LANCOM scheint immer noch Stand der Technik zu sein, die Pakete komplett im Betriebssystem (LCOS oder Linux) zu empfangen, zu puffern und weiterzuschicken. Aus heutiger Sicht Steinzeit.

Nicht falsch verstehen, die Produkte, welche in Aachen federführend entwickelt und auf den deutschen Markt maßgeschneidert wurden, sind wirklich gut. Wie schon geschrieben betrifft das vorwiegend analog, ISDN und vielleicht noch xDSL (wobei da die Modems auch schon Zukaufteile sind).
Aber alles, was nur zum "Abrunden des Portfolio" aufgenommen wurde, in Aachen sicherlich auch verstanden und mit Firmware befüllt wird, kaufe ich doch lieber beim originalen Hersteller.

Typisches Beispiel e-Paper. Der Markt müßte gerade boomen (jeder zweite EInzelhändler stellt auf elektronische Preisschilder um) und LANCOM kündigt die Produktlinie ab - unverständlich.

Mit dem Absterben von xDSL gibt es einfach nichts mehr, bei dem mir der Kauf bei LANCOM einen Mehrwert bietet.
lna
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Re: LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von lna »

fildercom hat geschrieben: 12 Nov 2025, 20:45 Ich hatte 15 Jahre lang LANCOM-Switches im Einsatz (zuerst GS-1224, dann GS-23xx), aber die Geräte haben mich nicht überzeugen können. Da ist man nach wie vor meilenweit vom Marktführer (Cisco) entfernt.
Die 1000er (L2 unmanaged) 2000er (L2 Managed) Switchserie mit Comware oder Arista zu vergleichen ist nicht ganz fair. Sucht euch wenigstens etwas mit einem vergleichbaren Listenpreis :wink:
Die 2000er Serie ist aus Gründen hat ein Refresh bekommen, sodass das Betriebssystem der 3000er Switches darauf läuft und dort ebenfalls eine Cisco-Alike CLI zum Einsatz kommt.

Die Positionierung der 2000er und 3000er Switches ist im Einsteiger / SMB Markt zu sehen, gerne als günstige Massenware unter der LMC. Der Konfigurationsumfang ist bewusst eingeschränkt, damit die Zielgruppe schnelle Erfolge hat. Die alten 2000er (GS-23xx mit LCOS-SX 3.24) waren meiner Meinung nach auf der CLI unverwaltbar. Die neuen GS-24xx (LCOS-SX 4.30) sind zwar immernoch keine L3-Switches aber vom Betriebssystem her deutlich schöner und eben auch mit Cisco Knowhow zu verwalten.
sixty hat geschrieben: 12 Nov 2025, 23:47 etwa das Routing in spezieller Hardware (ASIC) mit einer CAM, welche schon nach dem Empfang des Headers cut-through die Routing-Entscheidung trifft und auch 10, 40 oder 100 GB in wirespeed routet. Mit aktuellen ASICs (ProVision) auch bei IPv6 und IPv4 sowieso.
Wenn ihr mit den großen Herstellern vergleichen wollt, schaut euch alles oberhalb der 4000er Serie an. Die Switches richten sich an Enterprise Kunden, die dann auch einen größeren Konfigurationsumfang überblicken wollen.
Dann fehlen zwar noch Themen wie VX-LAN / EVPN / Datacenter Bridging, aber man hat alles was man im größeren Campusnetzen oder mittelständischen Serverräumen braucht.
Ja natürlich auch Wirespeed L3 Umsetzung im ASIC.
fildercom hat geschrieben: 12 Nov 2025, 20:45 Ich dachte, dass der fehlende Funktionsumfang der LX-APs daran liegt, dass man mit der Entwicklung ja erst viel später gestartet ist.
Man kann auch diskutieren, ob die verbleibende Lücke im Funktionsumfang daher kommt, dass die LCOS APs eine Router-Firmware hatten und darüber viel drin war, was für einen Accesspoint unerheblich ist, aber in einigen Installationen als Workaround eingesetzt wurde.
Ich bin mir sicher, dass der typische "WLAN-Router" in kleinen Installationen seine Berechtigung hat und man bei einer Hand voll Accesspoints auch gerne einen davon als Router missbraucht.
Ich betreue ein Paar große Projekte und komme dort sehr gut mit den LX APs zurecht.
Wenn jetzt noch MDNS Filter in den AP kommen würden, wäre ich ganz zufrieden.
Gruß Lukas
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hyperjojo
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Re: LANCOM Router - Quo vadis?

Beitrag von hyperjojo »

Servus,

ich sehe das wie Lukas. Oftmals beruht das hier geschriebene auf Erfahrungen von vor einigen Jahren. Und vermutlich ist es für die Autoren auch schwierig, sich einfach mal aktuelle Hardware zum Testen hinzustellen (LANCOM Partner erhalten aber z.T. Demogeräte etc.).

Jedenfalls haben die Switches und Access Points in den letzten Jahren massive Fortschritte gemacht. Es muss natürlich immer zum jeweiligen Kunden passen. Da ist häufig die "Gesamtlösung" als Paket wichtiger als ein einzelnes Feature, welches hier oder da fehlt.

Die Router werden aus meiner Sicht in den nächsten Jahren auch in der jetzigen Form noch ihre Daseinsberechtigung haben. Als All-In-One-Box mit WLAN, DSL/Glasfaser und (wer es benötigt) Telefonie-Schnittstellen als Underlay und SD-WAN/VPN integriert und in einem Gerät verwaltet. Funktionen wie DPS oder HSVPN werden oftmals unterschätzt. Keine externen Blackbox-Modems/ONT notwendig. Die (SD)WAN-Funktionalitäten und die Möglichkeiten der individuellen Konfiguration werden weiterhin geschätzt. Aber das muss ich hier sicher niemandem erzählen, daher kommen ja die meisten Forumsnutzer zu LANCOM...

Gruß hyperjojo
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