Verständnisfrage: Mittenfrequenz und manuelle Abstimmung

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crypticvision
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Verständnisfrage: Mittenfrequenz und manuelle Abstimmung

Beitrag von crypticvision »

Ich habe da mal eine ganz einfache Frage. Ich gehe mal davon aus, dass beim den Lancom APs die Frequenzen in der Auswahlliste die Mittenfrequenzen bei einer Bandbreite von 20 MHz sind. Das bedeutet, Wenn ich tatsächlich einen 20 MHz breiten Kanal nutze, geht der von z.B. 5490 MHz bis 5510 MHz mit 5500 MHz als Mittenfrequenz. Wie sieht das aber aus, wenn ich 40 MHz nutzen will? Andere Hersteller nutzen dann z.B. einen sog. upper oder lower channel. Das bedeutet, das vorgenannte genutzte Frequenzspektrum bleibt gleich und es wir ein sog. extension channel genutzt. Würde man upper wählen, würden die Frequenzen 5510 MHz bis 5530 mit hinzu genommen werden. Irgendwie fehlt mir im Lancom die Möglichkeit darauf Einfluss zu nehmen. Einzig im Webconfig unter Status kann man sich dann einen Reim drauf machen, was der AP ausgehandelt hat. Bei den älteren Turbo Modus Geräten wurde immer prinzipiell eine Mittenfrequenz selbständig vom AP ausgewählt, die sich bestenfalls an der Einstellung im Lanconfig orientierte. Meistens landete man dann immer auf Kanal 106, egal ob man 104 oder 108 eingestellt hat. Kanal 106 o.ä. ist meines Erachtens eine ganz schöne Platzverschwendung, da nach oben und unten ordentlich Platz zu den etablierten Kanälen gelassen wird. Wenn ich der Einzige bin, der da funkt, kein Problem, aber gerade an Standorten, die mit Funk verstopft sind, durchaus ein Problem. Bei dem neuesten Gerät, dem L-1302acn, kann ich gar mit 80 MHz funken. Wie verhält sich die Einstellung im Lanconfig in Bezug auf tatsächlich genutzte Mittenfrequenz und den extensions nach oben und unten. Ich kann mir da im Moment nämlich noch gar nicht vorstellen, wie das ein Lancom handhabt. Ich möchte ebenfalls noch anmerken, dass 80 MHz eigentlich nur in geschlossenen Räumen gut funktionieren, oder eben draußen, wenn ich der Einzige damit bin. Meine Erfahrungen mit anderen Geräten haben gezeigt, dass die ac Technik ganz besonders empfindlich auf Rauschen reagiert, oder wenn ein anders Funknetz auf einer Frequenz von der Seite reinbrüllt, die sich mit dem von 80 MHz genutzten Frequenzspektrum überlappt. Es wäre schön, wenn mich jemand aufklären könnte, wie das bei den Lancom APs funktioniert und wie man Einfluss auf das verwendete Frequenzspektrum nehmen kann. Vielen Dank!
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alf29
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Re: Verständnisfrage: Mittenfrequenz und manuelle Abstimmung

Beitrag von alf29 »

Moin,

(1) korrekt, der im LCOS angezeigte Kanal bezeichnet die Mittenfrequenz des
(20 MHz-)Kanals.

(2) Der 40 MHz-Kanal eines 11n-APs besteht aus zwei 20 MHz-Kanälen und man
kann entweder mit 20 oder 40 MHz Kanalbreite senden. Für 20 MHz wird
nur der 'Control Channel' verwendet, für 40 MHz der Control und
'Extension Channel' gleichzeitig. Im LCOS wird im Status im 40 MHz-Betrieb
weiterhin als Kanal der Control Channel angezeigt. Ob der Extension
Channel direkt darunter oder darüber liegt, steht in der Spalte im Radio-
Status daneben. Genau in dieser Form werden die Kanalinfos von einem
11n-AP übrigens auch in den Beacons ausgestrahlt.

(3) Bei der Wahl des Extension-Kanals ist man nicht frei. IEEE 802.11 schreibt
im 5 GHz-Band vor, daß nur bestimmte Paare erlaubt sind. Man darf Kanal
100+104 paaren, Kanal 108+112 usw., aber z.B. nicht Kanal 104 mit Kanal 108.
Deshalb bietet das LCOS keine explizite Konfigurationsoption an, wohin man
den Erweiterungskanal legen möchte - er ergibt sich aus der Wahl des
Kontrollkanals. Wer bei einem solchen Paar der Kontroll- bzw. der
Erweiterungskanal ist, darf man dagegen frei wählen. Control 36+Extension 40
ist genauso erlaubt wie Control 40+Extension 36.

Bei 2,4 GHz wäre man im Prinzip frei, ob man den Kontrollkanal 5 mit 1
oder 9 als Erweiterungskanal nutzen möchte. Da 40 MHz-Betrieb
bei 2,4 GHz aber eher selten genutzt wird, habe ich seinerzeit darauf ver-
zichtet, nur für 2.4 GHz so einen Schalter anzubieten - auch bei 2.4 GHz
wählt das LCOS fix zu einem bestimmten Kontrollkanal immer den gleichen
Erweiterungskanal.

(4) Für 11ac (das eh nur noch auf 5 GHz läuft) gilt sinngemäß das gleiche.
36/40/44/48 ergeben einen erlaubten 80 MHz-Kanal, 52/56/60/64 auch einen,
100/104/108/112 einen weiteren. 116/120/124/128 wäre theoretisch ein
weiterer erlaubter Kanal, der reicht aber in den Bereich der 'Wetter-
radarkanäle' rein, für die verschärfte DFS-Vorschriften gelten. Für das
ac-Modul in den L-13xx haben wir die Zulassung auch für diese Kanäle
gemacht, Du könntest sie theoretisch mit dem Schalter 'Use-Full-Channelset'
unter Setup/WLAN freigeben. Die Nutzungsbedingungen sind in der Praxis
aber so unattraktiv, daß das eigentlich niemand möchte. Z.B. ist die CAC-
Time, also die Zeit, die der AP den Kanal erstmal passiv auf Radars scannen
muß, bevor er in Betrieb geht, auf diesen Kanälen nicht eine, sondern *zehn*
Minuten.

(5) Der 'alte' Turbo-Modus auf 54MBit-Geräten benutzt nominell zwar auch 40 MHz-
Kanäle, funktioniert aber anders als der 40 MHz-Modus von 11n. Im Turbo-
Modus wird nur noch mit 40 MHz Kanalbreite gearbeitet, Clients, die nur die
'normalen' 20 MHz unterstützen, können nicht parallel bedient werden. Weil
eben wirklich nur noch mit 40 MHz gearbeitet wird, wird da dann wieder die
Mittenfrequenz des 40 MHz-Kanals angegeben. Kanal 106 im Turbo-A-Modus belegt
also (nominell) den Bereich 5510 bis 5550 MHz.

(6) Warum das Kanalraster im Turbo-A-Modus so gelegt ist, daß am unteren Ende ein
20 MHz-Kanal nicht genutzt wird, mußt Du Atheros fragen - die haben das
seinerzeit so vorgegeben. Meine persönliche Vermutung ist, daß das notwendig
war, um die out-of-band-Abstrahlungen im erlaubten Bereich zu halten. Das
Spektrum eines WLAN-Signals ist ja nicht scharf bei +/- 10 oder 20 MHz zu Ende,
da gibt es noch Seitenbänder, in denen das Signal ausläuft, und es kann sein,
daß man damals den einen Kanal als 'Puffer' brauchte.

(7) Für Kunden, die in ihren Outdoor-Installation parallel 11n- und alte Turbo-A-
Geräte einsetzen, ist dieses um einen 20 MHz-Kanal versetzte Raster natürlich
ein Problem. Für die (und auch nur für die...) gibt es in den Radio-Einstellungen
einen Schalter 'Channel-Pairing', mit dem ein 11n-Gerät nicht die oben
beschriebenen, vom IEEE festgelegten Kanalpaare benutzt, sondern Kanalpaare,
die zum Raster des Turbo-Modus passen, also Kanal 104+108, 112+116 usw. .
Für 'normale' Client-Verbindungen sollte man diesen Schalter tunlichst
auslassen, die Effekte reichen von Clients, die sich nicht stabil oder nur
mit 20 MHz verbinden bis zu Clients, die sich gar nicht verbinden wollen.

Gruß Alfred
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crypticvision
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Erledigt! Verständnisfrage: Mittenfrequenz

Beitrag von crypticvision »

Vielen Dank für Deine sehr ausführliche Antwort. Hast Du schonmal darüber nachgedacht derartige Ausführungen in Form eines Wikis für Lancoms irgendwo fest zu hinterlegen? Derartige Informationen findet man auf der Lancom Webseite leider nicht. Da hab ich jetzt echt wieder was dazu gelernt bzw. Vermutungen in Tatsachen und offensichtlichen Irrglaube sortieren können. Also vielen Dank nochmal!
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stefanbunzel
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Re: Verständnisfrage: Mittenfrequenz und manuelle Abstimmung

Beitrag von stefanbunzel »

crypticvision hat geschrieben:... derartige Ausführungen in Form eines Wikis für Lancoms...
Diesen Vorschlag unterstütze ich auch! Die inzwischen veraltete Form eines LCOS-Referenzhandbuchs sollte in ein LCOS-Wiki überführt werden. Und Alfred müsste sich dann hier nicht mehr wiederholen sondern bräuchte nur noch verlinken - bzw. würden alle Interessierten gleich dort nachschauen.
Außerdem könnte die absolut unvollständige und schon lange nicht mehr ordenltich erweiterte WebInterface-Hilfe dann darauf zugreifen.

Ich hoffe, Lancom sieht das auch so und würde dazu mal grünes Licht geben und eine Arbeitskraft abstellen.
Andere Hersteller bieten soetwas schon seit Jahren erfolgreich an...

Viele Grüße,
Stefan
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alf29
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Re: Verständnisfrage: Mittenfrequenz und manuelle Abstimmung

Beitrag von alf29 »

Moin,

also ich selber werde so einen Wiki sicher nicht anlegen. Wenn ich das als LANCOM-Mitarbeiter aufziehen würde, würde ich damit indirekt den Kollegen in der Handbuch-Abteilung "vors Schienenbein treten". Die Leute bemühen sich schon, und vieles, was ich intern als Entwicklerdoku zu neuen Features mache, landet 1:1 im Handbuch.

Das Problem, was ich eher sehe, ist die Systematik in der Dokumentation. Wenn eine LCOS-Funktion in einem Release erweitert oder umgebaut wurde, dann gibt es für dieses Release ein Addendum, in demm das dann durchaus hinreichend erklärt wird. Das Problem an der Sache: Der Nutzer, der neu im LCOS ist und ein Gerät mit diesem neuen Release einrichten möchte, findet die Doku zu einer bestimmten Funktion u.U. über das letzte 'vollständige' Handbuch und diverse Addenda verstreut. Wenn er nicht weiß, daß in irgendeinem Addendum steht, wie das aktuell funktioniert, läuft er vor die Wand. Neuerungen und Änderungen müßten zu jedem Release in das Handbuch an passender Stelle eingearbeitet werden. Bei der Menüreferenz klappt das inzwischen einigermaßen (auch wenn da noch einiges an Backlog ansteht), beim Handbuch wird aber nur alle paar Jahre mal wieder ein geschlossenes neues Dokument gemacht, weil das ja so viel Arbeit wäre, das einzuarbeiten - wenn man das so vor sich herschiebt und immer nur Anhänge produziert, wird das natürlich irgendwann zur selbsterfüllenden Prophezeihung 8-)

Zum anderen gibt es firmenintern Meinungsverschiedenheiten darüber, was in ein Hand- oder Referenzhandbuch hineingehört. Ich finde z.B., wenn man über mehrere Seiten mit zwanzig Screenshots erklären muß, wie man einen bestimmten Assistenten bedient, dann ist bei dem Design dieses Assistenten irgendwas schiefgelaufen - das wird in Teilen der Firma aber anders gesehen...

Und dann gibt es noch den Fall, daß man sich als Entwickler die Mühe macht, etwas wirklich systematisch von vorn bis hinten und aufeinander aufbauend zu erklären, und dann kommt jemand anders und sagt, das wäre alles viel zu kompliziert und zu "technisch", und fängt an das so umzuschreiben, wie er das für sinnvoll und richtig erachtet. Da kommen dan z.T. Sachen heraus, wo auch ich erstmal überlegen muß, was gemeint ist...ist eigentlich noch die Raum-Zeit-Matrix in der LANconfig-Hilfe drin, der dann eine dritte Dimension zugefügt wird ;-)

Gruß Alfred
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